Getreide ist seit Jahrtausenden Hauptnahrungsmittel der Menschen. Ursprünglich kauten sie die Körnerunzerrieben, aber man kaute daran viel zu lange, bis man satt war. So wurden die ersten „Mühlen “ erfunden, mit denen die Körner zerkleinert wurden.

Wie die Abbildung zeigt, bestanden solche Steinreiben aus einem größeren Stein, auf dem man mit einem kleineren die Körner zerrieb. Sie waren in jedem Haushalt vorhanden. Bereits im Alten Ägypten erfunden, sind sie auch heute noch bei Naturvölkern gebräuchlich.

Körnermalen Dienerin

Quelle: Herbert Jüttemann, Schwarzwaldmühlen, Karlsruhe 1985
Ein Fortschritt bedeutete die Entwicklung der Drehmühlen ca. 8oo v. Chr.: Sie bestanden aus einem feststehenden Stein, auf dem sich ein zweiter, durch einen Holzstab befestigter, drehbarer Stein befand.

Welche Bedeutung den Handmühlen zukam, ja dass sie z.B. im alten Israel unter besonderem gesetzlichen Schutz standen, kann man schon in der Bibel nachlesen: Ein Gläubiger durfte bei seinem Schuldner „nicht die Handmühle oder auch nur den oberen Mühlstein pfänden, denn damit würde man das Leben zum Pfand nehmen.“ (5. Buch Mose, Kap 24, Vers 6)

alter Mühlstein

Quelle: http://mittelalterladen.com/Ritterhaus/product_info.php?info=p1402_handdrehmuehle-aus-stein.html

Nach 168 v. Chr. entstanden die ersten gewerbsmäßigen Bäckereien und damit auch größere Mühlen, die von Pferden oder Eseln angetrieben wurden und sich im Mühlenraum der Bäckerei befanden – also erstmals in der Geschichte der Mühlen außerhalb des einzelnen Haushalts.

Mühle mit Lasttieren

Getreidemühle aus Pompeji, ca. 200 v. Chr.
Quelle: Herbert Jüttemann, Schwarzwaldmühlen, Karlsruhe 1985

Die ersten Wassermühlen
In Anlehnung an griechische Wasserräder entwickelte man um die Zeitenwende die ersten wasserradgetriebenen Getreidemühlen. (Abb.5) Die Mahlarbeit musste nun an das neu entstehende Gewerbe der Müller abgegeben werden, da sie nun an fließendes Wasser gebunden war, das ja in den Bäckereien Roms nicht vorhanden war.

Plan Mühlwerk
Quelle. Herbert Jüttemann, Schwarzwaldmühlen, Karlsruhe 1985

 

Die Bevölkerung in den germanischen Provinzen betrachtete die Wassermühlen, die die Römer auch bei ihnen bauten mit Skepsis: Sie fürchteten die Rache der Wassergeister, wenn sie den Fluss oder den Wildbach als Arbeitssklaven missbrauchten.

Nach dem Untergang der römischen Herrschaft wurden die Wassermühlen zunächst nur furchtsam weiterbetrieben – nicht ohne den beleidigten Geistern Mehl oder Brot in den Bach geworfen zu haben, um sie zu versöhnen.

 

Mittelalter
Im Mittelalter befanden sich die Mühlen zunächst im Besitz einer Dorfgemeinschaft. Als sich Adel und Kirche aber zunehmend in den Besitz des Bodens brachten, galt: „wessen der Grund ist, dessen ist die Mühle“.

Die Müller wurden nun Pächter eines Grundherrn, der den Mühlenbann und Mahlzwang verfügte. D,h. im Umkreis einer bereits laufenden Mühle durfte keine weitere gebaut werden, und alle Bauern mussten ihr Getreide bei ihrer Herrschaftsmühle mahlen lassen.

Nur in abgelegenen Tälern konnte dieser Mahlzwang umgangen werden und hauseigene Wassermühlen weiterbetrieben werden.

Die umständliche und mühsame Mehlbeschaffung im Mittelalter und die vielerorts ebenfalls übliche Besteuerung der Backöfen hatte zur weiteren Folge, dass man seltener, oft nur noch wenige Male im Jahr Brot buk. Natürlich war dann das lange gelagerte Brot häufig schimmlig, doch daran störte man sich nicht. So beschreibt Jeremias Gotthelf noch im 19. Jahrhundert das „graue“ Brot, das im Sommer häufig den „Gauch“ gehabt habe – halbzentimeterlangen grünen Schimmel, den der Knecht vor dem Anschneiden mit dem Ärmel wegwischte.

Zwar lockerten sich die Bannrechte im Lauf der Zeit etwas, doch endgültig abgeschafft wurden sie erst Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts.

Ein Müller bei der Arbeit (Darstellung aus dem 16. Jahrhundert)
Quelle: https://www.leben-im-mittelalter.net/images/stories/mittelalter/alltag/arbeit/unehrliche%20berufe/mueller_bei_der_arbeit.jpg


Vollkornmehl – weißes Mehl
Kleie aus dem Mehl heraus zu sieben war schon bei den alten Griechen bekannt. Leisten konnte sich das teurere weiße Weizenmehl aber nur die Oberschicht, während sonst Gerstenvollmehl verbacken wurde.

Ähnlich war es auch im Römischen Reich:

Die Oberschicht bevorzugte gesäuertes Brot aus gesiebtem Weizenmehl, dagegen konnte es sich das gemeine Volk nicht leisten, aus seiner ohnehin knapp bemessenen Nahrung noch etwas auszusieben. Des gesundheitlichen Wertes seiner Vollkornnahrung aus Hirse, Gerste und Dinkel dürfte es sich aber kaum bewusst gewesen sein.

Im Mittelalter wurde in ganz Europa vor allem Roggen angebaut und zum Brotbacken benutzt.

Mit dem Absolutismus setzte in Frankreich im 16. Jahrhundert beim Adel eine Verfeinerung der Lebensart ein, und darum wurden jetzt auch besondere Ansprüche an das Brot gestellt: Nur feinstes kleiefreies Weizenbrot hielt man für standesgemäß, während das Volk weiterhin dunkles Brot aß und auch essen sollte.

Das änderte sich erst mit der Französischen Revolution 1789: Die Herrschaft des Adels wurde abgeschafft, aber seine Wertvorstellungen galten weiterhin, ganz besonders in Bezug auf das Brot:

Weißes Mehl galt als erstrebenswert, und ob reich, ob arm, für alle wurde nun aus dem gleichen Mehl gebacken.

Frühe Bäckerei

Quelle: https://prezi.com/awdeagdwd9t-/sauerteigbrot-ein-produkt-der-milchsauregarung/

Da der Sinn aller nach möglichst feinem Mehl ging, der Bedarf aber durch Missernten und die bisher gebräuchliche Mahltechnik – die Flachmüllerei – nicht gedeckt werden konnte, bemühte sich Malisset um 1760 in Frankreich um eine Verbesserung:

Man mahlte nun nicht mehr in einem Arbeitsgang zwischen möglichst eng eingestellten Steinen, sondern in mehreren Arbeitsgängen, bei denen die Mühlsteine erst 3, dann 2 und dann 1 Millimeter Abstand voneinander hatten. Betrug die Ausbeute vorher im besten Fall 65% Weißmehl und davon 25% Staubmehl, so erhielt man durch die Hochmüllerei 79% Weißmehl und 66% Staubmehl aus Weizen.


Brot für Alle!

Nein! hier hat es keine Not:

Schwarze Mädchen, weißes Brot!

Morgen in ein ander Städtchen:

Schwarzes Brod und weiße Mädchen.

So beschreibt Goethe in seinem „Soldatentrost“ 1792 die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich noch als eine Roggen – Weizen – Grenze. 10 Jahre später unter Napoleons Herrschaft wuchs auf beiden Seiten des Rheins Weizen. Europaweit wurde nach der französischen Revolution das Brot für alle weiß.

Selbst in Gegenden, die für den Weizenanbau nicht geeignet waren und in denen bisher mit Roggenvollmehl gebacken wurde, strebte man nach Verfeinerung und stellte für die hohen Feiertage im Jahr „Weißbrot aus fein gebeuteltem Roggenmehl“ her.

Brot aus weißem Weizenmehl war das Zeichen für gesellschaftlichen Aufstieg, und selbst mancher Arbeiter leistete sich Ende des 19. Jahrhunderts das „bessere Brot“ wenigstens einmal am Tag: „Nicht mehr Schwarzbrot – noch nicht Weißbrot“.

Goethe

Quelle Abb. 7: https://anthrowiki.at/images/c/c3/Scherenschnitt_goethe.jpg

Mit einer Mühle, wie der hier vorhandenen war es also möglich, feinstes Mehl zu mahlen, durch Absenkung der Mühlsteine und Sieben des Mahlgutes in der Seidengaze.

Trotzdem kam es zur Aufgabe der kleinen Wasser- und Windmühlen. Die Gründe hierfür:

  • Dampfkraft und später Elektrizität machten unabhängig von Naturgewalten wie Wind und Wasser.
  • Die Entwicklung des Verkehrswesens (Eisenbahnen und Dampfschiffe) ermöglichte den Transport über weite Strecken.
  • Entwicklung der Walzenmühle, bei der nicht Steine, sondern Walzen aus Stahl das Mahlgut zerkleinern.

 

Neue Techniken

Diese Wirtschaftsweise, bei der nun nicht mehr auf Bestellung und nach Bedarf gemahlen wurde, sondern auf Vorrat, verlangte nach Mehlsorten, die lange haltbar waren. Diese hatte man durch die ohnehin begehrten gesiebten Auszugsmehle aber schon an der Hand – kleiehaltige Vollmehle waren hierfür ungeeignet. Dem Aufblühen der Handelsmüllerei stand nichts mehr im Wege.
Die neue Technik wurde vor allem von den Amerikanern genutzt, die nun endlich eine Möglichkeit bekamen, ihren harten Winterweizen zu mahlen. Chemische Bleiche tat ein Übriges dazu, dass amerikanischer Weizen einen weltweiten Siegeszug antreten konnte.

Erst die Entdeckung der Vitamine um 1900 und die Erkenntnis über die Wichtigkeit der Ballaststoffe in jüngster Zeit führen wieder zu einem Umdenken und einer Hinwendung zu einer natürlichen Getreideverwertung.

neue Mahltechnik

Quelle: http://hobbybrauer.de/bilder/Gerold/DSC01467.jpg